Das Interview
Produzierende Betriebe sind eine tragende Säule unseres wirtschaftlichen Erfolgs. Karsten Pudenz, der Gründer und Inhaber von ratioZEIT, berichtet über die vielfältigen Herausforderungen in der Produktion und warum es auch in modernsten Betrieben immer auf die Leistungsfähigkeit der Menschen im Unternehmen ankommt.
Der Name Ihres Unternehmens ist ratioZEIT. Das weckt Assoziationen und lässt Raum für Interpretation. Wie interpretieren Sie den Namen ratioZEIT?
Der Begriff ratio bedeutet im Lateinischen „Vernunft“. Daran angelehnt bezeichnet das Wort „Rationalität“ ein vernunftgeleitetes und an Zwecken ausgerichtetes Denken und Handeln. Eine „Rationalisierung“ ist eine Veränderung hin zu mess-, regel- und kontrollierbaren Zuständen. Zeit wiederum spielt in meinem Beruf und im Wettbewerb meiner Auftraggeber eine ganz zentrale Rolle. Man muss sich aktiv mit diesen Dingen beschäftigen und über das Verbesserungspotenzial sorgfältig nachdenken. Da ist Erfahrung, Know-how und nicht zuletzt gesunder Menschenverstand gefragt. ratioZEIT steht also für zielorientiertes, durchdachtes Handeln und Planen, um mit Zeit und Kapazitäten in Produktionsprozessen effizienter umzugehen.
Damit haben Sie meiner nächsten Frage vorgegriffen. Sie bezeichnen sich als „Prozessoptimierer“. Dabei geht es also um die Beschleunigung von Abläufen in einem Produktionsprozess?
Nicht nur darum: In der industriellen Produktion spricht man sehr treffend von einer Produktionskette. Wie die Glieder einer Kette reihen sich einzelne Schritte und Einheiten aneinander, um am Ende zu einem vordefinierten Ergebnis zu führen. Es muss möglichst schnell gehen, aber auch die Qualität muss stimmen. Schnelligkeit ohne Qualität oder untragbar lange Durchlaufzeiten belasten am Ende immer die Kalkulation und die Wettbewerbsfähigkeit. Prozessoptimierung ist also vielschichtiger als reine Beschleunigung. Optimierte Prozesse schöpfen das Potenzial eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter aus, schaffen stabile und vor allem auch regelfähige Abläufe und ermöglichen immer bessere Ergebnisse. Dafür müssen die wichtigen Einflussgrößen eines Prozesses identifiziert und anhand der vorgegebenen Normen eingestellt werden. Prozessoptimierung sichert auf lange Sicht den Fortbestand und die Zukunft eines Betriebs.
Welche Art von Unternehmen beauftragt Sie hauptsächlich?
Meinen Berufseinstieg habe ich als Werkzeugbauer erlebt. Nach langjähriger Praxis auf verschiedenen Führungsebenen, Ausbildungen und aufgrund konkreter Nachfrage habe ich mein Unternehmen gegründet. Ich bin bis heute dem Automotive-Bereich nahe. Die Automobil- und Zulieferindustrie gehört zu meinen wichtigsten Auftraggebern. Ein Schwerpunkt ist dabei die Verlagerung und der Um- oder Ausbau von Produktionskapazitäten. Wenn neue Anlagen hochgefahren und in bestehende Prozesse eingebunden werden, holt man mich häufig als verantwortlichen Lotsen an Bord.
Das Bild einer Schlüsselübergabe verwenden Sie gerne. Finden Sie sich darin wieder?
Ja. Das Ziel meiner Projekte in den Unternehmen meiner Kunden ist immer die Entwicklung besserer Strukturen und deren langfristige Sicherung. Das bedeutet, dass die beeinflussbaren Schlüsselkriterien im Unternehmen erkannt, neu eingestellt und fundiert eingeführt werden. Ich liefere dem Unternehmen konkretes Wissen, instruiere und motiviere die involvierten Führungskräfte und sorge somit für nachhaltige Veränderung. Oft ist das z.B. die Steigerung von Produktionskapazitäten bei großen Aufträgen. Das Bild der Schlüsselübergabe beschreibt das gut, finde ich. Auch der Vergleich mit dem Beruf des Lotsen erklärt Aspekte meiner Arbeit treffend. Lotsen kommen an Bord, wenn auf die Schiffe besondere Herausforderungen zukommen. Auch wenn auf den Schiffen erfahrene Kapitäne und gute Crews arbeiten, bringt Sie der Lotse sicher durch besondere Gewässer. Allerdings ist es mein Ziel, dann auch in der vorhandenen Crew einige Lotsen auszubilden. Mein Beitrag bleibt dem Unternehmen also dauerhaft erhalten.
Eine so intensive Zusammenarbeit erfordert Vertrauen. Wie kommen Ihre Aufträge zustande?
Sie haben recht. Meine Vertragspartner beauftragen mich mit wichtigen, teilweise für das Unternehmen existenziellen Arbeiten. Das ist mir sehr bewusst. Ich muss mich mit meiner Aufgabe und dem Ist-Zustand im Unternehmen intensiv auseinandersetzen, denn der Verbesserungsprozess fängt damit bereits an. Es freut mich besonders, dass neue Aufträge zum Großteil aufgrund von Empfehlungen zustande kommen. Meistens dauern meine Engagements in den Unternehmen 4 bis 6 Monate. Da kann es während der Projekte auch mal hart zur Sache gehen, denn Veränderung beginnt im Kopf und ist deshalb mitunter auch schwer. Gelegentlich muss man das Ziel hart verteidigen, um messbare Ergebnisse zu liefern. Das ist meine Aufgabe und die Empfehlungen zeigen, dass die Kunden diesen Einsatz am Ende schätzen.
Zuletzt eine private Frage: Sie sind bei Ihren Aufträgen in ganz Deutschland unterwegs. Was sagt da Ihre Familie dazu?
(Denkt nach) Meine Arbeit macht mir Spaß und ich arbeite wirklich gerne für meine Kunden. Meine Familie weiß das und ich bin froh, dass sie mich dabei voll und ganz unterstützen. Denn es ist auch wahr, dass ich meine Familie oft nur an Wochenenden sehe. Da sind wir wieder beim Thema Zeit und bei einem vernünftigen Umgang damit. Wir nutzen unsere gemeinsame Zeit bewusst so gut wir können, unterhalten uns viel und unternehmen oft etwas zusammen. Da kommt die Kraft her, die man für die Arbeit auch braucht.
Herr Pudenz, ich danke Ihnen für das Gespräch.